Refactoring – allein das Wort löst bei vielen Entwicklern gemischte Gefühle aus. Vielleicht denkst du dabei an Aufwand, an Zeit, die nicht direkt in neue Features fließt, oder sogar an unnötige Perfektion. Doch Refactoring ist so viel mehr. Es ist der Schlüssel zu besserer, wartbarer Software und einer effizienteren Zusammenarbeit im Team. In diesem Artikel möchte ich meine Gedanken und Erfahrungen mit dir teilen – inklusive eines persönlichen Moments, der mir die wahre Bedeutung von Refactoring vor Augen geführt hat.
Wenn Tests zur Herausforderung werden
Ich liebe es, Code umzuschreiben, um ihn einfacher, klarer und letztlich wertvoller zu machen. Besonders wichtig ist mir dabei, dass der Code überhaupt erst testbar wird. Denn wenn alles in eine einzige Klasse gepresst wird, wird der dazugehörige Test genauso komplex und schwer verständlich sein. Vielleicht kennst du das Gefühl: Du siehst eine riesige Klasse und bist fast entmutigt, überhaupt Tests zu schreiben. Genau da beginnt das Problem.
Legacy Code entsteht schneller, als man denkt. Es fängt oft harmlos an – ein Proof of Concept (POC) oder ein kleiner Workaround, der schnell in den Produktivcode wandert, weil er ja „funktioniert“. Doch über die Jahre kommen weitere Workarounds hinzu, wie Balkone an einem alten Gebäude. Irgendwann hast du einen unübersichtlichen „Salat“ aus Code vor dir, der kaum noch wartbar ist.
Wenn Refactoring Klarheit schafft
Das Schöne am Refactoring ist der Moment danach: Wenn du plötzlich siehst, wie klar und fein strukturiert der Code geworden ist. Plötzlich sind auch die Tests verständlich und überschaubar. Es fällt dir wie Schuppen von den Augen – „So einfach kann es sein!“ Doch davor steht oft die große Hürde: die Zweifel.
- Lohnt sich das Refactoring wirklich?
- Sind das nicht nur zusätzliche Kosten?
- Wem hilft das überhaupt?
Diese Fragen stelle ich mir selbst oft genug. Hinzu kommen Druck und Erwartungen – sei es von dir selbst, deinem Team oder dem Product Owner –, zügig zu arbeiten und neue Features zu liefern. Aber Softwareentwicklung bedeutet mehr als nur Features zu programmieren. Der Code muss langfristig verständlich und wartbar bleiben – nicht nur für dich, sondern auch für andere.
Ein weiser Kollege sagte mir einmal: „Man muss Code wie ein Buch lesen können.“ Selbst jemand ohne Programmiererfahrung sollte anhand von Methodennamen, Klassennamen und Variablennamen verstehen können, welchen Zweck der Code erfüllt. Diese Worte begleiten mich bis heute.
Mein persönlicher Aha-Moment
Vor einigen Monaten hatte ich einen Moment, der mir die Bedeutung von Refactoring noch einmal bewusst gemacht hat. Wir sollten eine Funktion erweitern: Beim Einfügen aus der Zwischenablage sollten die Daten automatisch in eine Tabelle übertragen und korrekt formatiert werden. Ich fand die entsprechende Codestelle – unübersichtlich, unnötig komplex und fragil.
Nachdem ich mich eingearbeitet hatte, stellte ich mir die entscheidende Frage: „Ok, du hast den Code verstanden. Passt du ihn nur an oder verbesserst du ihn grundlegend?“ Meine Antwort lautete: „Refactoring.“
Ich wollte nicht riskieren, dass ich oder jemand anderes in zwei Monaten wieder Stunden damit verbringen müsste, diesen Code zu verstehen. Also machte ich mich an die Arbeit. Am Ende konnte ich den Code um ca. 80 % reduzieren – dank klarer Strukturierung und dem Einsatz von regulären Ausdrücken. Der Code war plötzlich sauber und verständlich.
Der Moment der Bestätigung
Wie es der Zufall wollte, kam ein bis zwei Sprints später ein weiteres Ticket in den Sprint: Die Funktion sollte erneut erweitert werden. Als ich den Pull Request des Kollegen sah, leuchteten meine Augen. Der andere Entwickler konnte sich schnell in den klaren Code einarbeiten und mit wenigen Zeilen die gewünschte Erweiterung umsetzen. In diesem Moment waren alle meine Zweifel verschwunden. Ich wusste: Das Refactoring hat sich ausgezahlt.
Dieser Moment hat mir gezeigt, warum Refactoring so wichtig ist – nicht nur für mich selbst, sondern für das gesamte Team. Es spart langfristig Zeit und Nerven und macht den Code für alle zugänglicher.
Refactoring: Kosten oder Investition?
Natürlich stellst du dir vor jedem größeren Refactoring die Frage: Lohnt sich das? Oft fühlt es sich an wie eine reine Kostenfrage – Zeitaufwand ohne direkten Mehrwert. Doch genau hier liegt der Denkfehler: Refactoring ist keine Kostenstelle; es ist eine Investition in die Zukunft deines Projekts.
- Bessere Wartbarkeit: Klar strukturierter Code spart Zeit bei zukünftigen Änderungen.
- Bessere Testbarkeit: Kleine Klassen und Methoden führen zu übersichtlichen Tests.
- Weniger Frustration: Entwickler können schneller einsteigen und produktiv arbeiten.
- Langfristige Effizienz: Jeder investierte Tag ins Refactoring zahlt sich mehrfach aus.
Mut zum Refactoring
Refactoring erfordert Mut – Mut zur Veränderung und Mut zur Investition in Qualität statt Quantität. Doch dieser Mut zahlt sich aus. Mein persönlicher Aha-Moment hat mir gezeigt, dass saubere Softwareentwicklung nicht nur eine Frage von Eleganz ist; sie ist eine Frage von Effizienz und Teamarbeit.
Also trau dich! Erkenne den Wert von Refactorings und feiere sie – auch wenn sie nicht immer sofort sichtbar sind. Denn am Ende profitieren wir alle davon: weniger Stress, weniger Frust und mehr Freude am Entwickeln.
Wie gehst du mit dem Thema Refactoring um? Hast du ähnliche Erfahrungen gemacht? Schreib mir deine Gedanken in die Kommentare.